Ein gemeinsames Verständnis schaffen
Für die Social Entrepreneurship-Strategie braucht es ein gemeinsames Verständnis, was mit Social Entrepreneurship bzw. mit Social Enterprises (SocEnt) gemeint ist. Wenn auch das Zielbild einen integrierten Ansatz verfolgt, der alle gesellschaftlichen Akteure (Klassische Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft, organisierte Zivilgesellschaft, etc.) in den Blick nimmt, sind gezielte Maßnahmen für SocEnts notwendig, um sie in ihrer Rolle als Treiber und Vorreiter auf dem Weg zu einer neuen Innovationskultur in Hamburg zu stärken. Klare Kriterien, was SocEnts sind und wie sie sich von anderen Akteuren abgrenzen, sind deshalb für diese Transformationsphase wichtig.
Um anschlussfähig an das in Deutschland prägende Verständnis von Social Entrepreneurship zu sein, übernimmt der Strategieprozess dafür die Definition des Social Entrepreurship Netzwerk Deutschland (SEND):
(1) Gesellschaftliche Dimension: „Das primäre Ziel von Social Entrepreneurship ist die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen im sozialen oder ökologischen Bereich “. (Positive Einwirkung auf mindestens ein SDG)
Das heißt: Gesellschaftliche Wirkung zuerst! Der Anspruch vieler SocEnt ist es dabei, nicht nur Symptome zu lindern, sondern auch die Ursachen gesellschaftlicher Probleme zu beheben und systemisch zu wirken. Mögliche finanzielle Gewinne sind Mittel zum Zweck, nicht der Zweck selbst. Deshalb zeichnen sich SocEnts auch oft durch einen stark kooperativen Charakter aus, der dann eher mit “Co-opetition” als Competition beschrieben werden kann. Auch eine Präferenz gegenüber Open Source und transparenten Geschäftsvorgängen gehört zu diesem Wirkungsanspruch dazu.
(2) Unternehmerische Dimension: „Dies wird durch kontinuierliche Nutzung unternehmerischer Mittel erreicht und resultiert in neuen und innovativen Lösungen.“
Die bislang gültige Trennung von Gemeinwohl- und Wirtschaftssektor wird in Frage gestellt. Mit Kreativität, Risikobereitschaft und unternehmerischem Geist zeigen SocEnts neue Wege und Lösungen auf, um positive Wirkung zu erhöhen. Dieser Innovationsanspruch ist dem Selbstverständnis der SocEnts inhärent, ohne dass sie dafür stetig neue Innovationen an den Markt bringen müssten. Anspruch und Haltung zählen.
(3) Governance Dimension: „Durch steuernde und kontrollierende Mechanismen wird sichergestellt, dass die gesellschaftlichen Ziele intern und extern gelebt werden.“
Das heißt: Ein “Mission-Drift” (ein Abdriften vom eigentlichen Ziel) soll verhindert werden. Statuten oder Verträge sowie die Wahl einer entsprechenden Rechtsform können gewährleisten, dass beispielsweise Profitinteresse das Wirkungsinteresse auch zukünftig nicht dominiert. Ebenso trägt eine stetige Überprüfung der eigenen Wirkung dazu bei, dass die Organisation nicht nur zum Selbstzweck aufrecht erhalten bleibt. Sich selbst überflüssig zu machen (weil die gefundene Lösung gewirkt hat), kann aus SocEnt-Sicht ein erstrebenswertes Unternehmensziel sein.
Diese SocEnt-Definition schließt unterschiedliche Rechtsformen und Marktzugänge mit ein: Einige SocEnt können sich durch den Verkauf eigener Produkte oder Dienstleistungen finanzieren, andere, die ihre Leistungen an Begünstigte richten, die nicht selbst dafür aufkommen können, agieren auf einer Art „Transfer-Markt“, indem beispielsweise Spender:innen, die öffentliche Hand oder Stiftungen die eigentliche Wirkungsarbeit – die gesellschaftlichen Dienstleistungen – finanzieren. Dazwischen gibt es viele hybride Geschäftsmodelle, die gemeinnützige und gewerbliche Elemente miteinander kombinieren.