Bio bleibt auf der Insel - Kreislauf statt Rücktransport
Auf Spiekeroog fallen jährlich erhebliche Mengen organischer Abfälle an – insbesondere durch Gastronomiebetriebe, Privathaushalte und bei der Pflege öffentlicher und privater Grünflächen. Derzeit werden viele dieser Bioabfälle, darunter Speisereste und Küchenabfälle, in sogenannten Dranktonnen gesammelt und regelmäßig zum Festland verschifft. Dieser Transport ist mit hohem logistischem Aufwand, CO₂-Emissionen und Kosten verbunden – und zugleich geht ein wertvoller Rohstoff verloren: organisches Material, das zu nährstoffreichem Kompost verarbeitet werden könnte.
Zudem verfügen die Inselböden über einen stark sandhaltigen Untergrund, der für Beete, öffentlichen Grünflächen und den Dorfkern häufig mit zusätzlicher Gartenerde oder Mutterboden angereichert werden muss. Diese Erde wird ebenfalls regelmäßig kosten- und CO₂-intensiv importiert, um die notwendige Bodenfruchtbarkeit zu gewährleisten und das Versanden der Grünflächen zu verhindern.
Die Idee dieses Projekts basiert auf der Notwendigkeit, die Nachhaltigkeit und Selbstversorgung auf Spiekeroog zu steigern und gleichzeitig einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Aktuell werden große Mengen organischer Abfälle, wie Küchen- und Grünschnittabfälle, von der Insel zum Festland transportiert. Dies verursacht nicht nur hohe Transportkosten und CO₂-Emissionen, sondern führt auch dazu, dass wertvolle organische Ressourcen verloren gehen, die auf der Insel selbst genutzt werden könnten.
Zudem wird Gartenerde oder Mutterboden kosten- und CO₂-intensiv auf die Insel gebracht, um die notwendige Bodenfruchtbarkeit zu gewährleisten.
- Durch die Implementierung eines lokalen Kreislaufsystems zur Verwertung von Bioabfällen möchten wir:
- CO₂-Emissionen reduzieren und den ökologischen Fußabdruck Spiekeroogs verringern.
- Nährstoffe lokal zurückgewinnen, um die Bodenfruchtbarkeit auf der Insel zu fördern.
- Die Eigenständigkeit der Inselgemeinschaft stärken und Spiekeroog zu einem Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit machen.
- Die Erfahrungen der Umsetzung und das Betriebskonzept können von den anderen Inseln in der Dorfregion „VierInseln“ als Blaupause genutzt werden.
Ziel des Projekts ist es, diese biologischen Ressourcen künftig auf der Insel zu verwerten und einen geschlossenen organischen Stoffkreislauf aufzubauen.
Der geplante Kreislauf könnte auf zwei zentralen Säulen beruhen:
- Dezentrale Sammlung und Vorverwertung durch anaerobe Fermentation (z.B. Bokashi-Systeme):In Haushalten und insbesondere in gastronomischen Küchen sollen organische Abfälle in luftdichten Behältern mit effektiven Mikroorganismen vorfermentiert werden. Das sogenannte Bokashi-Verfahren ermöglicht eine nahezu geruchsfreie Vorbehandlung, bei der auch kleinste Küchenmengen sinnvoll erfasst werden können.
Zentrale Verarbeitung zu hochwertigem Kompost.Die unten genannten Alternativen für die zentrale Verarbeitung sind Optionen, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollständig zu bewerten sind. Hier gilt es einen groben Überblick zu geben. Eine Feinplanung mit den verschiedenen Möglichkeiten ist im weiteren Prozess vorzunehmen. Zum jetzigen Zeitpunkt wurden zwei verschiedene Alternativen für die Verwertung des vorfermentierten Materials näher beleuchtet:
Alternative 1: Direkter Einsatz verschiedenster organischer Materialien im Kompostierprozess
Das organische Material wird direkt in den Kompostierprozess integriert, ohne eine zusätzliche Fermentation. Das Material wird als kompostierbare Ergänzung zu den üblichen Grünschnittabfällen wie Laub, Rasenschnitt und Sträuchern zugegeben. Die Mikroorganismen aus der anaeroben Vorverwertung arbeiten im belüfteten Kompost weiter und zersetzen das Material.In dieser Alternative kann nach einem autonomen Rotationskomposter, der z.B. durch Photovoltaik-Energie betrieben wird, gesucht werden. Der Rotationskomposter ist so konzipiert, dass er autonom betrieben werden kann. Die Energieversorgung erfolgt über integrierte Photovoltaik-Module, die den Betrieb des Rotationsmechanismus und der Belüftungssysteme sicherstellen. Sensoren überwachen die Temperatur und Feuchtigkeit im Inneren des Komposters, um optimale Bedingungen für den Kompostierungsprozess zu gewährleisten.
Vorteile:
- Direkte Integration: Es sind keine zusätzlichen Fermentations- oder Umlagerungsprozesse notwendig.
- Synergieeffekte: Die Mikroorganismen im vorfermentierten Material können den normalen Kompostierungsprozess beschleunigen und die Zersetzung des Grünschnitts fördern.
Vereinfachter Ablauf: Das Verfahren ist unkompliziert und benötigt keine zusätzlichen Maschinen oder komplexe Nachbearbeitungsschritte.
Nachteile:
- Mögliche Geruchsbildung: Wenn das vorfermentierte Material nicht richtig mit den Grünschnittabfällen gemischt wird, kann es zu unangenehmen Gerüchen kommen, da vorfermentiertes Material zu Beginn der Zersetzung mehr Feuchtigkeit und Säure enthält.
Kombination mit Grünschnitt: Es könnte schwierig sein, das richtige Gleichgewicht zwischen dem vorfermentierten Material (Speisereste, Küchenabfälle etc.) und Grünschnitt zu finden, um eine gleichmäßige und geruchsfreie Zersetzung zu gewährleisten.
Alternative 2: Zentrale Nachfermentation und Kompostierung
Das vorfermentierte Material wird regelmäßig (z. B. 1–2 Mal pro Woche) zu einer zentralen Sammelstelle transportiert. Dort erfolgt zunächst eine kontrollierte Nachfermentation in luftdichten Behältern (z. B. großen Fässern oder unterirdischen Silos). Diese Phase dauert etwa 2–3 Wochen, bis das Material vollständig fermentiert ist. Anschließend wird das Material in eine belüftete Kompostieranlage (z. B. einen modularer Komposter) überführt, wo es mit anderen organischen Abfällen wie Grünschnitt und Laub gemischt wird. In der Kompostieranlage wird das Material weiter zersetzt, um hochwertigen Humus zu produzieren.
Vorteile:
- Kontrollierte Fermentation: Das Material wird in einem kontrollierten, luftdichten System fermentiert, was eine gleichmäßige und stabile Zersetzung ermöglicht.
- Qualitativ hochwertiger Kompost: Durch die anschließende Kompostierung in einer belüfteten Anlage kann ein besonders stabiler und nährstoffreicher Humus erzeugt werden.
Geruchsreduzierung: Da die Fermentation in luftdichten Behältern erfolgt, entstehen weniger Gerüche und das Verfahren ist hygienischer.
Nachteile:
- Logistischer Aufwand: Es entstehen regelmäßige Umlagerungsprozesse des vorfermentierten Materials zwischen den Haushalten / Gastronomiebetrieben und der zentralen Kompostieranlage.
- Arbeitsaufwendig: Die zentrale Nachfermentation und Umlagerung können arbeitsintensiv und kostenintensiv sein.
- Platzbedarf: Für die Nachfermentation sind große, geräumige Behälter oder Silos notwendig, was zusätzlichen Platzbedarf für die zentralen Sammelstellen erfordert.
Neben den ökologischen Zielen trägt das Projekt auch zur Wirtschaftlichkeit der Insel bei, indem es Transportkosten und Abfallentsorgungskosten reduziert. Außerdem stärkt es die lokale Gemeinschaft, indem es Gastronomiebetriebe, Haushalte und die Verwaltung von Spiekeroog in den Kreislauf einbindet und das Bewusstsein für nachhaltige Ressourcennutzung schärft.
Mögliche Standorte für eine zentrale Kompostieranlage wären
- in der Nähe des Wilbersgeländes / des Bauhofs / der Kläranlage auf Spiekeroog (Achter d'Diek, Industrie- und Gewerbefläche). Diese Flächen sind im Besitz des Landes Niedersachsen, vertreten durch das Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems -Domänenamt, und werden von der Gemeinde Spiekeroog gepachtet.
- In der jetzigen Müllumschlagstation / Entsorgungsanlage. Diese Flächen sind im Besitz von Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG. Sie sind gepachtet durch die Gemeinde Spiekeroog und werden dauerhaft genutzt durch den Landkreis Wittmund, der die Abfallentsorgung auf der Insel übernimmt.
Die Lage dieser Gebiete bietet mehrere Vorteile:
- Abstand zu Wohngebäuden: Die zentrale Kompostieranlage wird in ausreichendem Abstand zu den Wohngebieten errichtet, was potenzielle Geruchsbelästigungen minimiert und die Lebensqualität der Anwohner:innen schützt.
- Zentrale Anbindung: Der Standort ist für den Transport und die Anlieferung des Materials sowohl von den gastronomischen Betrieben als auch von den Haushalten gut erreichbar und sorgt für eine effiziente Logistik.
- Infrastruktur: Die Nähe zu bestehenden Infrastruktureinrichtungen wie der Kläranlage und dem Bauhof zum einen oder die Entsorgungsanlage zum anderen kann von Vorteil sein, da diese Standorte bereits über die notwendige Erschließung und Nutzungskapazitäten verfügen.