Skizze für den Ausbau der Berliner Beratungslandschaft auf Online-Beratungsformate
Aufbau:
Nachhaltiger Nutzen für das Land Berlin und seine Einwohner*innen. 1
Exemplarische Aufzählung der Beratungsbedarfe im Land Berlin. 2
Was braucht es um all diesen Bedarfen gerecht werden zu können?. 3
Entstehende Kosten für das Land Berlin. 4
Vorschlag zur schnellen Umsetzung. 4
Ausgangslage
Bedingt durch die starke Ausbreitung des COVID-19 und die damit verbundenen Einschränkungen des Beratungsangebotes fallen viele wichtige Beratungsstrukturen weg. Die damit verbundenen Problemlagen sind vielfältig und komplex.
Der direkte Kontakt mit Klient*innen steht den Empfehlungen zum Umgang mit COVID-19 diametral entgegen. Die im Land Berlin tätigen Berater*innen sollten nach Möglichkeit nur noch aus dem Homeoffice arbeiten, gleichzeitig befinden sich viele Ratsuchende ebenfalls im eigenen Wohnraum.
Im Beratungssetting ist die Möglichkeit zur Nutzung digitaler Möglichkeiten ein notwendiger Schritt. Menschen, die sich in Quarantäne befinden sowie Menschen, die zu Risikogruppen zählen, benötigen trotz der Krise weiterhin Beratung zu unterschiedlichsten individuellen Herausforderungen.
Für die Berater*innen ist es ebenfalls wichtig die Möglichkeit zu haben, aus dem Homeoffice heraus die Beratung anbieten zu können, denn der Weg zur Arbeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist ebenso wenig ratsam wie die Gesprächssituation mit den Klient*innen und teilweise noch hinzukommenden Dolmetscher*innen in den zumeist kleinen Beratungsräumen.
Für das Land Berlin sollte aus diesen Gründen so schnell wie möglich ein Tool entwickelt und für Beratungsstellen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Im Folgenden möchten wir im Rahmen einer Projektskizze Vorschläge für ein solches Tool geben.
Nachhaltiger Nutzen für das Land Berlin und seine Einwohner*innen
Aufgrund der aktuellen Situation ist eine schnelle Umsetzung geboten. Somit können alle Beratungsangebote konstant vorgehalten werden und den Menschen weiterhin - und insbesondere in der derzeit schwierigen Situation - zugutekommen. Die Berliner*innen müssen sich mit möglichst wenig unterschiedlichen Tools vertraut machen, um Beratung in Anspruch nehmen zu können.
Den Trägern wird zeitnah und kostenfrei ein Tool zur Verfügung gestellt, dass sie auf ihre Webseiten einbinden können und dass über eine ebenfalls kostenfreie Einführung durch ein Webinar flächendeckend von allen Berater*innen genutzt werden kann.
Die Berliner*innen können auf sämtliche Beratungsangebote zugreifen, ungeachtet dessen, ob sie sich in Quarantäne befinden, sich ein Krankheitsfall in ihrem Haushalt aufhalten sollte, sie selbst erkrankt sind oder die jeweilige Beratungsstelle für ihre individuellen Herausforderungen schlichtweg aufgrund von COVID-19 geschlossen hat.
Nach Ende der Krise kann das System weiterhin gut eingesetzt und genutzt werden. So wird es beispielsweise für Alleinerziehende möglich sein, eine Beratung per Chat in Anspruch zu nehmen. Die Beratungen können durch die digitalen Möglichkeiten besser auf die Bedarfe und Lebenslagen der Alleinerziehenden und aller weiteren Ratsuchenden abgestimmt werden. War es zuvor meist nur möglich vor oder nach der Arbeit, während Kita- und Schulzeit oder über Überstundenabbau eine Beratungsstelle anzusteuern, ist es durch das neue Tool grundsätzlich auch möglich, Beratungen während der Mittagspause der Klient*innen durchzuführen.
Zudem können Beratungsstellen ihre Formen der Arbeitsorganisation dahingehend erweitern, dass flächendeckend neben der Beratung vor Ort auch Telefon-, bzw. Chatberatungen angeboten werden. Dies eröffnet auch Möglichkeiten, den Personaleinsatz im Sinne der Beschäftigten flexibler zu gestalten, so dass z.B. alleinerziehende Berater*innen bisherige face-to-face-Beratung telefonisch oder per Chat aus dem Homeoffice bearbeiten. So kann das Tool insbesondere für die Gruppe der Alleinerziehenden einen mehrdimensionalen Mehrwert haben.
Alleinerziehende können nicht nur leichter und verstärkt Beratungsangebote nutzen, sondern stehen dem Arbeitsmarkt als Arbeitskräfte zur Verfügung, da sie die digitalen Beratungen selbst flexibel aus dem Homeoffice anbieten können.
Exemplarische Aufzählung der Beratungsbedarfe im Land Berlin
- Bedingt durch die Handlungsanweisungen von Bund und Land werden vermehrt Menschen zumindest temporär arbeitslos, bzw. werden unbezahlt freigestellt oder müssen in Kurzarbeit gehen. Hierdurch können sie die anfallenden Miet- und Lebenskosten für sich und ihre Familien kaum noch stemmen. Die Menschen benötigen persönliche Beratung bei drohender Wohnungsnot, dem Umgang mit Räumungsklagen und dem Kontakt mit Hausverwaltungen.
- Es gibt viele Menschen, die kurz vor dem Ausbruch von COVID-19 schwanger geworden sind und dringenden Beratungsbedarf haben. Zum einen zu der Gefährdungslage für ihre ungeborenen Kinder, zu Schwangerschaftskonfliktberatung, zu Pränataldiagnostik und möglichen monetären Leistungen wie Unterhaltsvorschuss und Kindergeld.
- Menschen, die persönliche Assistenz benötigen, brauchen dringend weiterhin Beratungsstellen zu diesem Thema. Was braucht es, um den notwendigen Betrieb zu gründen, um als Arbeitgeber*in persönliche Assistent*innen zu beschäftigen? Was ist zu tun, wenn eine*r der persönlichen Assistent*innen an COVID-19 erkrankt und wie kann schneller Ersatz organisiert werden?
- Menschen, die aus der Haft entlassen werden und Beratung für den Wiedereinstieg in das „normale“ gesellschaftliche Leben benötigen. Wo kann ich welche Leistungen beantragen und wie kann ich mit einer Haftstrafe im Lebenslauf bei der Bewerbung umgehen?
- Menschen, die überschuldet sind und sich im Prozess der persönlichen Insolvenz befinden, brauchen auch in Zeiten von COVID-19 dringend weiterhin Unterstützung, ebenso wie bei der Einrichtung von P-Konten und dem Kontakt mit den Schuldner*innen.
- In einer Zeit, in der tendenziell die Familien geschlossen zu Hause sind, braucht es einen Ausbau der Möglichkeiten zu partner*innenschaftlicher Beratung und Erziehungsberatung, aber auch Beratung zum Umgang mit Konflikten. Expert*innen sagen einen steilen Anstieg von häuslicher Gewalt voraus. Hier ist es besonders wichtig, nicht nur ausreichend Plätze in Frauenhäusern vorzuhalten, sondern auch Präventivmaßnahmen über u.a. Beratung anzubieten.
- Menschen, die suchterkrankt sind und nun aus ihrem gewohnten Lebensrhythmus gerissen werden, können dies ggf. weniger leicht verarbeiten als Menschen ohne Suchterkrankungen. Es ist besonders wichtig, dass die Menschen weiterhin ihre Sozialpädagog*innen erreichen können und ein darüberhinausgehend ein ausgebautes Beratungsangebot vorgehalten wird.
- Im Falle von erlittenen Straftaten braucht es dringend Möglichkeiten für die Opfer der Straftaten in Beratung zu gehen und einen Umgang mit dem erlittenen Trauma zu finden.
Was braucht es um all diesen Bedarfen gerecht werden zu können?
- Notwendig ist ein vom Land Berlin schnell zur Verfügung gestelltes Online-Tool, mit dem die Fachkräfte über Smartphones / mobile Endgeräte mit ihren Klient*innen in Kontakt bleiben können. Das Tool muss landesweit für alle Beratungsangebote anwendbar sein und einem möglichst einfachen Aufbau folgen. Das Tool kasnn von den Trägerinternen Admins problemlos in die jeweiligen Webseiten integriert werden. Das Tool wird unter Berücksichtigung der Richtlinien der EU-DSGVO entwickelt.
- Die Beratungsstellen können das Tool in ihre Online-Auftritte einbauen und darüber Beratung per Chat anbieten.
- Um die Fachkräfte für die Nutzung des Tools zu schulen, braucht es ein zeitgleich entwickeltes Webinar, mit dem sich die Fachkräfte aus dem Homeoffice heraus mit dem Tool vertraut machen können.
Entstehende Kosten für das Land Berlin
Entwicklung eines Online-Tools, dass auf den Seiten der Projekte integriert werden kann und auf den gängigen CMS problemlos von den IT-Abteilungen eingefügt werden kann.
Entwicklung eines Webinars für die Fachkräfte.
Vorschlag zur schnellen Umsetzung
Das Tool wird ggf. in Kooperation mit einem der vom Land Berlin geförderten IT-Ausbildungsbetriebe programmiert, und kann dann direkt von allen interessierten Trägern und Projekten kostenfrei übernommen werden.
Das begleitende Webinar könnte für die durchgängig mitgedachte Genderperspektive in Zusammenarbeit mit einem Berliner FLINT-Projekt aus dem IT- Bereich gestaltet werden.