Jugendzentrum ist kein Freifahrtschein
Ein Jugendzentrum ist generell eine gute und sinnvolle Sache. Aber es ist kein Freifahrtschein für jedes Gebäude und insbesondere nicht für jeden Gebäudestandort! Deshalb habe ich ein paar Fragen, die sich auf den Standort und das Gebäude beziehen.
Warum wird ein unversiegelter Standort mit Bäumen verwendet? Neben dem geplanten Standort gibt es einen bereits versiegelten Parkplatz, der soweit ich das sehe fast nie vollständig zugeparkt ist. Abgesehen von der Frequentierung des Parkplatzes, gibt es weitere Parkplätze, auf die ausgewichen werden kann.
Warum werden auf dem Gelände des Jugendzentrums Parkplätze vorgesehen, wenn es den vorher beschrieben Parkplatz und den Platz am Kreishaus in unmittelbarer Nähe gibt?
Es sollte das Ziel sein, weitere (und überhaupt) Parkplätze in der Innenstadt zu verringern um das anreisen per ÖPNV und Rad zu verstärken. Auch MitarbeiterInnen des Jugendzentrums sollten (falls das der Grund für die Parkplätze ist), als gute Vorbilder wie dargestellt unterwegs sein. Ggf. kann hier ein Anreiz durch ein leasingbike, eine Kostenübernahme zum ÖPNV-Ticket o.ä geschaffen werden.
Warum wird nicht auf dem alten Standort gebaut? Warum werden keine vorhandenen leer stehenden Gebäude saniert und umgebaut (z.B. Riedels Eck, das Opelautohaus an der Hamburger Straße)?
Inwieweit wurde der durch den Plan implizierte CO2-Fußabdruck in der
Abwägung berücksichtigt? Zu welchem Schluss würden Sie bei einer entsprechenden
Bilanzierung kommen?
Die Fläche mit heimischem standortgerechtem Gehölzbestand ist aus naturschutzfachlicher Sicht abzulehnen, da die Bäume wichtige zur Neige gehende Biotopstrukturen für Arten und Lebensgemeinschaften innerhalb der Stadt darstellen, die nicht schnell wiederherstellbar sind. Die Bäume sind als Kohlendioxidspeicher unverzichtbar; nicht zuletzt für eine lebenswerte Zukunft der Jugend, für die der Bau sein soll. Wann kann der Artenschutz- und Umweltbericht eingesehen werden? Welche Arten werden dafür untersucht?
Was ist unter dem Stichwort „Junges Wohnen“ zu verstehen?
In Deutschland werden laut Bundesumweltministerium (BMU) jeden Tag ca. 52 ha
Siedlungs- und Verkehrsfläche neu ausgewiesen (vgl. BMU k.A.). Boden steht allerdings
nicht endlos zur Verfügung und ist eine wertvolle Ressource. Unversiegelte Fläche
ist nicht zuletzt für den Erhalt der Biodiversität, den Schutz unserer Ökosysteme,
die Grundwasserneubildung und das lokale Kleinklima alternativlos. Wir sind auf diese
Flächen angewiesen, um der Klimakrise und dem Artensterben mit Blick in die Zukunft
begegnen zu können. Das hat auch die Bundesregierung im Rahmen ihrer Nationalen
Nachhaltigkeitsstrategie erkannt: Doch nachdem das für 2020 vereinbarte Einsparziel
auf 30 ha pro Tag verfehlt wurde, ist dies einfach als Mindestanforderung auf
das Jahr 2030 verschoben worden.
Nach wie vor mangelt es am nötigen Problembewusstsein: Jede Neubebauung von
noch nicht erschlossenen Flächen entzieht dem Boden nicht nur seine langfristige klima-
und umweltschützende Funktion, sondern die Bautätigkeit im Tief- und Hochbau
verbraucht und bindet dauerhaft eine erhebliche Menge Ressourcen (sog. „graue
Energie“).
Wenn hier eine große Fläche in der Innenstadt versiegelt wird, fordere ich die Stadt als Bauherrin auf, eine ebenso große Fläche in der Innenstadt zu entsiegeln. Bspw. könnte der Familaparkplatz verkleinert werden, da dieser höchstens an Weihnachten vollgeparkt ist. Oder noch besser, die Stadt erwirbt ein Stück des Familaparkplatzes und baut dort das Jugendzentrum, dann könnten die Bäume erhalten bleiben.
Für das Gebäude selbst sind noch keine Planungen veröffentlicht worden. Hier gehen ich davon aus, dass ein klimaneutrales Gebäude, mit PV-Anlage und den höchsten umwelt- und baufachlichen Standards geplant wird. Etwas Anderes ist m.E. heutzutage einfach nicht mehr denkbar. Die Jugend von Winsen soll zumindest an dem Gebäude, welches für sie errichtet wird, sehen und erleben, wie ernst es (das haben zumindest fast alle Parteien des Stadtrates vor der Wahl gesagt) die Erwachsenen mit dem Klimaschutz nehmen.