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Wohnen auf dem Dorf bald nur noch für Besserverdienende?

Kuhlhausen

Wohnen auf dem Dorf bald nur noch für Besserverdienende? Nur soviel sei an dieser Stelle bemerkt, das Warten auf den Supersanierer, sprich der ganze Häuserzeilen aufkauft, diese dann saniert, sollte er denn kommen, wird er der Stadtinsel nicht neues Leben einhauchen können. Ich will an dieser Stelle insbesondere auf den Beitrag von "Havelberger"verweisen, der meines Erachtens den richtigen Ansatz wählt: Kommunikation und Austausch mit den Eigentümern auf Augenhöhe.

Wohnen in Havelberg ist auch die Frage, wie ist das mit dem Wohnen auf den Dörfern? Ja, man kann die Entwicklung beschleunigen, dass leer stehende Häuser oder ehemalige Bauernhöfe verkauft werden an Menschen, die sie nur noch am Wochenende nutzen. Ich will gerne zugeben, dass diese Idee für mich einen gewissen Charme hat, denn es ist immer noch besser Wochenendbewohner nutzen die Häuser, als dass sie leer stehen. Ebenso sollte man die Hoffnung nicht aufgeben, dass diese Mitbewohner vielleicht doch noch Einwohner Havelbergs werden.

Doch damit deutet sich ein Problem an, welches bislang nicht thematisiert wurde bzw. nicht ins Bewusstsein gerückt ist. Mehr Wochenendhäuser bedeutet auch, dass Wohnraum für nicht einkommensstarke Bevölkerungsgruppen nicht mehr vorhanden ist. Wohnen auf den Dörfern, wird dann nur noch durch Neubau möglich sein und damit erzeugt man den gleichen Effekt: ein Neubau ist teuer, das Leben auf dem Lande nicht billig, also wieder Menschen mit überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen. Nun kann man als Stadtkämmerin sich über den Zuzug von finanzkräftigen Mitbürgern freuen, denn die Steuereinnahmen steigen in der Regel. Aber ebenso sicher ist, es findet ein Verdrängungswettbewerb auf den Dörfern statt, der nur Unmut hervorrufen kann bei Leuten, die schon lange auf dem Dorf leben. Die Daseinsvorsorge orientiert sich dann immer stärker an den Bedürfnissen der neuen Mitbewohner. Aber wo bleiben die Alten, die nicht mit dem Internet umgehen können, die auf den Einkaufswagen, der über Land fährt, angewiesen sind? Welche Konsequenzen ergeben sich für das soziale Zusammenleben auf den Dörfern? Werden die Dörfer nur noch am Wochenende „bespielt“? Erleben wir eine Situation, wie man sie im Großraum von London oder Paris vorfindet, frühmorgens eine Pendlerkarawane zum Arbeitsplatz, am Abend kehrt die Karawane zurück und am Wochenende will man seine Ruhe haben. Die Dörfer sind dann so lebendig wie die Stadtinsel. Das fragile soziale Gefüge auf den Dörfern wird Belastungen ausgesetzt werden, die es wahrscheinlich nicht bewältigen kann. So notwendig und so richtig auch Zuzug ist, sollte nicht allein dem Finanzmarkt überlassen werden. Die Kommune sollte gegensteuern, sie sollte eine aktive Rolle einnehmen, damit auf den Dörfern Wohnraum erhalten bleibt, das soziale Leben sich nicht nur am Wochenende abspielt, öffentliche Räume, sofern vorhanden, nicht geschlossen werden. Aktiv sein heißt, sich mit den Hausbesitzern in Verbindung setzen, mit Ihnen über mögliche Nutzungskonzepte reden, die Frage nach potenztiellen Erben ansprechen, mit ihnen darüber reden, welche Ziele und Vorstellungen sie hinsichtlich des Hauses auf dem Dorf haben. Unterstützung anbieten bei der Suche nach geeigneten Käufern.

Herbert Dierkes
Reference No.: 2021-03967
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